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Pressemeldungen

Materialpreise und Lieferengpässe bremsen die Bauwirtschaft aus

Halbjahresbilanz schlechter als erwartet: Umsätze im Minus

Stuttgart. Die Bauunternehmen in Baden-Württemberg haben schwere Monate hinter sich. Der harte Wintereinbruch zu Jahresbeginn und das Auslaufen des reduzierten Mehrwertsteuersatzes sowie die Einschränkungen wegen des Lockdowns haben den Start ins Baujahr 2021 spürbar gedämpft. Hinzu kamen massive Materialpreissteigerungen und weltweit unterbrochene Lieferketten, was im ersten Halbjahr zu einer paradoxen Situation geführt hat: Trotz hoher Auftragsbestände konnten viele Baubetriebe nur eingeschränkt arbeiten, weil häufig keine Baustoffe geliefert wurden. Außerdem blieben die Firmen oft auf den zusätzlichen Materialkosten sitzen. Zwischenzeitlich gibt die Mehrheit der Bauunternehmen die Preiserhöhungen aber an ihre Kunden weiter. „Ein Ende der Preisrallye ist leider nicht in Sicht“, erklärt Bernhard Sänger, Präsident der Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg. „Noch im Sommer schien sich die Lage an der Preisfront etwas zu entspannen. Im Juli haben die Preise für Baustoffe aber wieder zugelegt.“ Sänger verweist darauf, dass die Baufirmen keinen Einfluss auf diese Kosten hätten.

Die aktuellen Probleme auf dem Baumarkt haben sich auch negativ auf die Umsatzentwicklung ausgewirkt. 6,25 Mrd. Euro betrug das Bauvolumen der Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten im ersten Halbjahr, verglichen zu 2020 ein Minus von 1,1 %. Besonders der Wirtschaftshochbau, der nach einem kurzen Frühjahrshoch plötzlich wieder ins Minus drehte, verlief nicht so wie erwartet. Offenbar scheint die Wirtschaft im Südwesten wegen großer Lieferschwierigkeiten für ihre eigene Produktion stark verunsichert. Geplante Bauprojekte wurden deshalb verschoben. Auch der öffentliche Bau verzeichnete mit -4,4 % einen Rückgang in der ersten Jahreshälfte. Das liegt vor allem an der Investitionszurückhaltung der Kommunen aufgrund entgangener Gewerbesteuereinnahmen wegen der Coronakrise. Der Straßenbau bekam dies besonders zu spüren, hier sanken die Umsätze um 10,1 %. Für Zuversicht sorgte hingegen der Wohnungsbau. Zwar stiegen die Umsätze in den ersten sechs Monaten nur um 1,6 %, die Nachfrage aber legte um 13,9 % zu. Zugleich gab es 19 % mehr Baugenehmigungen für insgesamt 24.367 neue Wohnungen. Der Auftragseingang aller Bausparten betrug im ersten Halbjahr 5,82 Mrd. Euro, ein Plus von 3,7 %. Trotz verhaltener Halbjahresbilanz prognostiziert Bernhard Sänger bis Jahresende für den Bau ein nominales Umsatzwachstum von 2 %.

Um die starke Abhängigkeit vom Weltmarkt zu verringern, appelliert die Bauwirtschaft an die Politik, den Fokus mehr auf heimische Ressourcen lenken. Deutschland verfüge über ausreichend regionale Baustoffe, die bevorzugt auf den hiesigen Baustellen zum Einsatz kommen sollten. „Regionale Bauprodukte wie etwa Holz sollten nicht nur in den Export gehen, sondern auch dem hiesigen Markt in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen“, fordert der Geschäftsführer der Landesvereinigung, Thomas Möller. „Auch müssen wir unsere lokalen Abbaustellen für mineralische Baustoffe wie etwa Steine, Kies, Sand und Schotter erhalten bzw. ausweiten, um die heimische Wirtschaft zu stützen.“ Diese Maßnahmen zur Rohstoffsicherung, die auch aus Klimagesichtspunkten wichtig seien, sollten zudem im Landesentwicklungsplan für Baden-Württemberg fortgeschrieben werden. Allerdings gäbe es hier naturgemäß Nutzungskonflikte mit Blick auf Forst-, Landwirtschaft- und Siedlungsflächen.

Die Landesvereinigung Bauwirtschaft macht sich außerdem stark für mehr energetische Sanierung. Vizepräsident Rainer König verweist darauf, dass 28 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland aus dem Gebäudesektor stammen. Dazu zählen auch Emissionen, die durch die Herstellung von Strom, Baustoffen oder durchs Heizen entstehen. „Deshalb ist es wichtig, Gebäude energetisch zu sanieren, alte Heizungen auszutauschen und umweltfreundliche Baumaterialien einzusetzen. Leider liegt die Sanierungsrate des Gebäudebestandes hierzulande bei gerade mal 1 % pro Jahr. Um die anvisierten Klimaschutzziele zu erreichen, müsste sich die Quote mindestens verdoppeln. Großzügige Förderungen würden hier mehr Anreize schaffen.“

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