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Pres­se­mel­dun­gen

Bun­des­prä­si­dent wür­digt Wi­der­stand ge­gen NS-Re­gime an­läss­lich der Ein­wei­hung des Ge­org-El­ser-Denk­mals

Bau-Azu­bis des Bil­dungs­zen­trums Aa­len ge­stal­ten Be­ton­steh­le

Hermaringen. Ei­nen lang ver­kann­ten Hit­ler-At­ten­tä­ter wür­di­gen und vor ak­tu­el­len po­li­ti­schen Ge­fah­ren war­nen – das sind die Zie­le des neu­en Ge­org-El­ser-Denk­mals in Her­ma­rin­gen. Ein­ge­weiht wur­de das Kunst­werk am 4. No­vem­ber 2019 in An­we­sen­heit von Bun­des­prä­si­dent Frank-Wal­ter Stein­mei­er und des stell­ver­tre­ten­den ba­den-würt­tem­ber­gi­schen Mi­nis­ter­prä­si­den­ten Tho­mas Strobl. Stein­mei­er be­zeich­ne­te den Wi­der­stands­kämp­fer als her­aus­ra­gen­de Per­sön­lich­keit und Aus­nah­me­er­schei­nung, die sich nicht von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ver­füh­ren ließ, son­dern Hit­lers wah­re Na­tur als skru­pel­lo­sen Mas­sen­mör­der er­kann­te und des­halb ak­tiv wur­de. „In sei­nem Han­deln, in sei­ner Be­reit­schaft, Ver­ant­wor­tung für sein Tun zu über­neh­men und für sei­ne Ta­ten ein­zu­ste­hen, war Ge­org El­ser ein gro­ßer Mann“, be­ton­te der Bun­des­prä­si­dent. Er lob­te das En­ga­ge­ment der Her­ma­rin­ger Pro­jekt­grup­pe, die – zu­sam­men mit vie­len Bür­gern und jun­gen Men­schen – das neue Denk­mal mög­lich ge­macht hat. Der stell­ver­tre­ten­de Mi­nis­ter­prä­si­dent Tho­mas Strobl be­zeich­ne­te dar­an an­knüp­fend das Grund­ge­setz als fun­da­men­ta­len Ge­gen­ent­wurf zur na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Dik­ta­tur, den es zur ver­tei­di­gen gel­te. „Frei­heit, Frie­den und De­mo­kra­tie sind nicht selbst­ver­ständ­lich“, so der Mi­nis­ter. 

Die Ein­wei­hung des Denk­mals an Ge­org Elsers Ge­burts­ort Her­ma­rin­gen hat eine lan­ge Vor­ge­schich­te. Die Mit­glie­der der Pro­jekt­grup­pe, die sich ab Ende 2013 all­mäh­lich zu­sam­men­fand, leis­te­ten über Jah­re hin­weg in­ten­si­ve Vor­be­rei­tungs- und Über­zeu­gungs­ar­beit. We­sent­li­cher Schritt war zu­nächst, den Her­ma­rin­ger Ge­mein­de­rat für das Vor­ha­ben zu ge­win­nen. Die­ser stimm­te schließ­lich ein­stim­mig zu. Da­nach ging es um die kon­kre­te Um­set­zung. „Als sehr sinn­voll er­wies sich da­bei der Ge­dan­ke, jun­ge Men­schen ein­zu­bin­den, die sich auf die­se Wei­se auch mit der Per­son Ge­org El­ser aus­ein­an­der­ge­setzt ha­ben“, er­klärt Ge­mein­de­rats­mit­glied Hans-Die­ter Die­bold, der auch in der Pro­jekt­grup­pe ak­tiv ist. So ent­stand der Ent­wurf des Denk­mals durch eine Ko­ope­ra­ti­on mit der Ul­mer Hoch­schu­le für Kom­mu­ni­ka­ti­on und Ge­stal­tung. De­ren Stu­die­ren­de er­ar­bei­te­ten viel­fäl­ti­ge Ide­en und Vor­schlä­ge, aus de­nen schließ­lich der Ent­wurf von Nina Se­li­ger aus Fried­richs­ha­fen aus­ge­wählt wur­de. Ihr Werk mit dem Ti­tel „Ein Teil des Gan­zen und doch an­ders“ be­steht zum ei­nen aus ei­ner gro­ßen Be­ton­steh­le, wel­che die Ge­sell­schaft zur NS-Zeit ver­kör­pert. Dem Block ge­gen­über steht Ge­org El­ser, dar­ge­stellt als qua­dra­ti­scher Aus­schnitt aus dem Gan­zen, des­sen An­ders­sein durch die Wahl des Ma­te­ri­als Holz mit in­di­vi­du­el­ler Ma­se­rung zum Aus­druck kommt. Die Sta­tik für das Denk­mal be­rech­ne­te kos­ten­los das In­ge­nieur­bü­ro Hans Then aus dem Nach­bar­ort Gi­en­gen. 

Auch bei der Her­stel­lung des Be­ton­steh­le setz­te die Grup­pe auf das En­ga­ge­ment jun­ger Men­schen. Über den frü­he­ren Bau­un­ter­neh­mer Wolf­gang Lin­del wur­de der Kon­takt zum Bil­dungs­zen­trum Bau Aa­len ver­mit­telt. “Bei so ei­nem Pro­jekt sind wir na­tür­lich da­bei“, lau­te­te die po­si­ti­ve Ant­wort von Zen­trums­lei­ter Pe­trus Uhl. We­nig spä­ter mach­ten sich acht Mau­rer- und Be­ton­bau­er­lehr­lin­ge un­ter An­lei­tung von Aus­bil­dungs­meis­ter Wolf­gang Se­ck­ler ans Werk. Über meh­re­re Wo­chen be­rei­te­ten sie die Scha­lung vor, brach­ten den vor­be­rei­te­ten Trans­port­be­ton ein und sorg­ten für den end­gül­ti­gen Fein­schliff. Im ver­gan­ge­nen Juli konn­te schließ­lich die fer­tig­ge­stell­te, 2,40 m hohe und 1,50 m brei­te Steh­le an ih­ren Be­stim­mungs­ort trans­por­tiert wer­den. Der aus Holz be­ste­hen­de Teil des Denk­mals wur­de er­gän­zend in Ko­ope­ra­ti­on mit der Schrei­ne­rei Heß in Sont­heim her­ge­stellt.

Mit ih­rer Ak­ti­on möch­te die 15-köp­fi­ge Pro­jekt­grup­pe nicht nur die Er­in­ne­rung an die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Ver­gan­gen­heit wach­hal­ten, son­dern auch jun­ge Men­schen zum Nach­den­ken über ak­tu­el­le Ent­wick­lun­gen an­re­gen. „Wir wol­len mit un­se­rer Ar­beit ge­ra­de an die jün­ge­re Ge­ne­ra­ti­on ap­pel­lie­ren, mit of­fe­nen Au­gen durchs Le­ben zu ge­hen und po­li­ti­sche Ge­fah­ren recht­zei­tig zu er­ken­nen“, so Hans-Die­ter Die­bold. Er­freut sind alle Be­tei­lig­ten, dass ihr Pro­jekt pünkt­lich zum 80. Ge­denk­tag des Hit­ler-At­ten­tats, das am 8. No­vem­ber 1939 statt­fand, fer­tig­ge­stellt wur­de. Die An­we­sen­heit des Bun­des­prä­si­den­ten Frank-Wal­ter Stein­mei­er bei der Ein­wei­hung des Denk­mals emp­fin­den sie als hohe Ehre und An­er­ken­nung ih­rer Ar­beit. Gleich­zei­tig füh­len sie sich an­ge­spornt, auch künf­tig po­li­tisch ak­tiv zu sein. Ge­dacht ist bei­spiels­wei­se an die Durch­füh­rung von Ver­an­stal­tun­gen, die in der Be­völ­ke­rung mehr Be­wusst­sein und Ver­ständ­nis für die De­mo­kra­tie för­dern.

Historische Fakten: Georg Elser - Widerstand aus innerer Überzeugung
Der spä­te­re Wi­der­stand­kämp­fer Ge­org El­ser, 1903 im würt­tem­ber­gi­schen Her­ma­rin­gen ge­bo­ren, wuchs in Kö­nigs­bronn auf und er­lern­te nach sie­ben­jäh­ri­ger Schul­zeit den Schrei­n­er­be­ruf. In den zwan­zi­ger Jah­ren wird er Mit­glied im Holz­ar­bei­ter­ver­band und tritt dem kom­mu­nis­ti­schen Ro­ten Front­kämp­fer­bund bei. Den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten steht er von Be­ginn an sehr kri­tisch ge­gen­über. Als ihm durch die ag­gres­si­ve NS-Au­ßen­po­li­tik klar wird, dass „ein Krieg un­ver­meid­lich ist“, ent­schließt er sich im Herbst 1938, die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Füh­rung zu be­sei­ti­gen. Über meh­re­re Mo­na­te be­rei­tet er ein Spreng­stoff­at­ten­tat auf Hit­ler vor, der am 8. No­vem­ber 1939 zur Er­in­ne­rung an sei­nen 16 Jah­re zu­vor ge­schei­ter­ten Putsch­ver­such im Mün­che­ner Bür­ger­bräu­kel­ler spricht. Doch Hit­ler ver­lässt we­ni­ge Mi­nu­ten vor der Ex­plo­si­on un­er­war­tet den Ver­samm­lungs­saal und ent­kommt so dem An­schlag. Kurz dar­auf wird Ge­org El­ser ge­fasst, nach ta­ge­lan­gen Ver­hö­ren ge­steht er sei­ne Tat. Nach­dem er vie­le Jah­re in­haf­tiert war, wird er am 9. April 1945 im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Dach­au er­mor­det. Erst ab Ende der sech­zi­ger Jah­re fin­det er in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land als Wi­der­stands­kämp­fer spä­te An­er­ken­nung.

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