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Pressemeldungen

Das Brücken-Desaster in Stuttgart geht weiter: Zu wenig Geld, zu viel Bürokratie

Bauverband fordert seit Jahren engmaschigere Untersuchungen

Stuttgart. Stuttgart und seine maroden Brücken – eine unendliche Geschichte. Nachdem im Mai vergangenen Jahres die viel befahrene Rosensteinbrücke über dem Neckar wegen erheblicher Baumängel von jetzt auf nachher für den kompletten Verkehr gesperrt wurde, gibt es nun eine weitere Hiobsbotschaft von der benachbarten Wilhelmsbrücke. Auch sie ist marode, auch für sie braucht es schnellstmöglich einen Ersatzneubau. Das hat eine Bauwerksprüfung im Februar ergeben. An der in Teilen mehr als 100 Jahre alten Konstruktion wurden laut aktueller Untersuchung umfangreiche Korrosionsschäden entdeckt. Jetzt sind an vielen Stellen Sofortmaßnahmen notwendig, allerdings nur als Übergangslösung. Seit März 2022 ist die Wilhelmsbrücke für Autos ohnehin gesperrt, nur Fahrräder und Fußgänger dürfen sie überqueren. Laut zuständigem Tiefbauamt sind auch die anderen Ausweichbrücken über dem Neckar in einem ziemlich schlechten Zustand und müssen schon bald saniert werden.

Für Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, sind die neuesten Entwicklungen keine wirkliche Überraschung: „Das wird uns in Zukunft noch öfters ereilen. Offenbar sind die Brücken in Stuttgart in den letzten Jahren doch nicht so akribisch und engmaschig auf mögliche Schäden begutachtet worden, wie es eigentlich notwendig wäre. Sonst hätte man viele Mängel sicher schon früher entdeckt und rechtzeitig beheben können. Das Problem beim Brückenbau - es gibt zu wenig Geld, zu wenige Fachleute und zu viel Bürokratie. Darunter leidet auch die Straßenbauverwaltung, die seit Jahren vergeblich mehr Personal einfordert.“

Die meisten Brückenbauten, nicht nur in der Landeshauptstadt, sondern in ganz Baden-Württemberg, stammen aus der Nachkriegszeit und sind von der Bausubstanz und der Traglast her nicht für den heutigen Schwerlastverkehr ausgelegt. Die Erfahrung zeigt zudem, dass schnelle und zu spät vorgenommene Sanierungsmaßnahmen meist keine Dauerlösung sind. Thomas Möller fordert deshalb, bei alten Brücken, die dem Verkehr nicht mehr standhalten, frühzeitig mit der Planung für mögliche Neubauten zu beginnen. Dies geschieht aber in den seltensten Fällen. Angesichts der immer schlechter werdenden alten Bausubstanz plädiert die baden-württembergische Bauwirtschaft inzwischen für pragmatisches Denken. Ersatzneubauten für eine bestehende Brücke müssten ohne langwieriges Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren möglich sein. Dies sollte auch dann gelten, wenn die neue Brücke an das gestiegene Verkehrsaufkommen angepasst wird. Hierfür seien allerdings Gesetzesänderungen auf Bundesebene notwendig.

Für den Neubau der maroden Wilhelmsbrücke in Stuttgart und damit für eine Entlastung des Straßenverkehrs über den Neckar braucht es allerdings noch einige Jahre Geduld. Erst muss die noch immer gesperrte Rosensteinbrücke fertiggestellt werden - Termin frühestens 2028.

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