Zum Hauptinhalt springen

Pressemeldungen

Wohnungsbau wird auch 2021 zum Konjunkturmotor in der Krise

Bauwirtschaft stellt Positionspapier zur Landtagswahl vor

Stuttgart. “Krisenfest, robust und zuversichtlich“, so beschreibt der Präsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, Markus Böll, seine Branche inmitten der Corona-Krise. Erneut konnte der Bau im letzten Jahr beim Umsatz zulegen, auch wenn es nur ein leichtes Wachstum war. In den ersten elf Monaten erwirtschafteten die baden-württembergischen Bauunternehmen mit 20 und mehr Mitarbeitern gut 12,8 Mrd. Euro, verglichen zu 2019 ein Umsatzplus von 1,9 %. „Rechnet man noch den Dezember mit rein, werden wir 2020 wahrscheinlich über der 2 %-Marke liegen“, schätzt Böll. Die Zahl der Beschäftigten aller Baubetriebe stieg um 3 % auf rund 109.000. „Einmal mehr hat sich damit die Bauwirtschaft in Krisenzeiten bewährt und wurde zur wichtigen Stütze der Gesamtkonjunktur. Dennoch war das vergangene Jahr für unsere Firmen nicht leicht. In vielen Bereichen hat die Pandemie deutliche Spuren hinterlassen.“

So war die Umsatzentwicklung der einzelnen Bausparten 2020 höchst unterschiedlich. Während der Wohnungsbau mit 12,2 % kräftig wachsen konnte, rutschte der Wirtschaftshochbau bis Ende November um 7 % ins Minus. Beim Straßenbau gab es 4,9 % weniger Umsätze und auch der öffentliche Bau legte nur um schwache 0,3 % zu. Noch größer war die Schere bei den Auftragseingängen: Im Wohnungsbau kletterte die Nachfrage im Jahresverlauf um 11,2 %, die Zahl der Baugenehmigungen stieg um 6 % auf 40.387. Dagegen sanken die Ordereingänge im Straßenbau um 10,5 %. Seit Monaten klagen die Straßenbauer im Land über fehlende Aufträge. „Wegen der Neugründung der Autobahn GmbH und der damit verbundenen Schwierigkeiten gibt es kaum noch Ausschreibungen für unsere Betriebe“, beschreibt Mathias Waggershauser, Vizepräsident der Bauwirtschaft, die aktuelle Lage und fordert mehr Tempo.

Einen starken Auftragseinbruch erlebte mit -20,4 % auch der Wirtschaftsbau. Wegen der Corona-Krise haben sowohl die verarbeitende Industrie als auch gewerbliche Investoren sowie der Dienstleistungssektor ihre Investitionen im letzten Jahr massiv zurückgefahren. 2021 wird es wohl kaum besser werden, meint Markus Böll und sieht den Wohnungsbau als wichtigsten Hoffnungsträger: „In der Krise und in Zeiten von mehr Homeoffice setzen die Menschen auf Sicherheit und investieren verstärkt in die eigenen vier Wände.“ Für 2021 rechnet der Verbandspräsident wegen schrumpfender Auftragsbestände und sinkender Nachfrage in fast allen anderen Bausparten jedoch mit einer Abwärtsbewegung auf dem Bau. Je nach Länge und Häufigkeit der Lockdowns könne am Jahrsende sogar ein Umsatzminus von 2 % stehen. Dennoch bewege man sich noch immer auf sehr hohem Niveau. Seit 2010 zeigt die Umsatzkurve stetig nach oben. Damit das so bleibt, müsse der Baustellenbetrieb auch in den kommenden Monaten uneingeschränkt weiter laufen, fordert Böll und betont zugleich die wichtige Rolle der öffentlichen Hand in Zeiten der Pandemie. „Land und Kommunen müssen sich zu ihrer Verantwortung als Auftraggeber bekennen und deutlich mehr Ausschreibungen auf den Markt bringen als in den vergangenen Monaten. Das gilt vor allem für den Infrastrukturbereich.“

Rechtzeitig vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg hat der Verband daher ein aktuelles Positionspapier erstellt mit den wichtigsten Forderungen an die Politik. Darin werden mehr Investitionen im Verkehrswege- und Wohnungsbau angemahnt, außerdem Verbesserungen in den Bereichen Leitungsnetze, Digitalisierung und Berufsbildung. Auch die Bekämpfung von Schwarzarbeit oder die Eindämmung von Bürokratie stehen auf der Agenda. Außerdem geht es um innovatives, klimafreundliches und produktneutrales Bauen, das gleichwertig gefördert werden muss.

Hier arbeitet die Bauwirtschaft gemeinsam mit anderen Partnern aktuell an zahlreichen neuen Bauverfahren und innovativen Baustoffen, die zum Klimaschutz beitragen und den CO2-Verbrauch beim Bauen deutlich senken können. Gebäude aus Recyclingmaterial, Textil-, Infraleicht- oder Gradientenbeton sind einige Baustoffe bzw. Bauverfahren der Zukunft. Auch Mauerziegel mit Holzfaserfüllung, klimaneutrale Ziegel oder Häuser aus dem 3D-Drucker befinden sich auf dem Vormarsch. Durch Bauteilaktivierung bei monolithischen Ziegelwänden oder Stahlbetondecken kommen moderne Gebäude mittlerweile sogar ganz ohne Heizung, Lüftung und Kühlung aus. Auch Sichtbetonfassaden aus recyceltem Beton oder integrierten Photovoltaikmodulen sind im Kommen. Ein neuartiger R-Beton kann außerdem CO2 in größeren Mengen speichern.

Beim Straßenbau gibt es ebenfalls ökologisch optimierte neue Verfahren, z.B. das so genannte QSBW 4.0 (Qualitätsstraßenbau Baden-Württemberg 4.0). Dabei geht es um die digitale Verbesserung der Prozessqualität beim Asphalteinbau. Mit Hilfe computer- und cloudgestützter Techniken können einzelne Prozessschritte - von der Herstellung über den Transport bis hin zum Einbau und der Verdichtung des Asphalts - optimal und daher klimaschonend aufeinander abgestimmt werden. Die Bauwirtschaft unterstützt dieses Projekt der Landesregierung seit über zwei Jahren. „Wird QSBW konsequent umgesetzt, ermöglicht es eine hohe Bauqualität mit langer Lebensdauer der Straße“, erklärt Vizepräsident Waggershauser. Allerdings fordert er, dass die öffentlichen Auftraggeber ihre Hausaufgaben machen und dieses Verfahren schon in der Planung berücksichtigen. 2021 soll QSBW 4.0 zu einem Standardverfahren in der Straßenbauverwaltung des Landes weiterentwickelt werden.

Um die innovative Forschung und Entwicklung beim Bauen voranzutreiben und verstärkt auch auf den Baustellen zum Einsatz zu bringen, wurde in Baden-Württemberg vor einem Jahr das Netzwerk solid UNIT gegründet. Hier arbeiten verschiedene Partner aus den Bereichen Bauplanung, Bauwirtschaft, Baustoffindustrie sowie Forschung und Lehre in strategischen Netzwerk-Teams zusammen und tauschen sich regelmäßig über neue Ideen und Ergebnisse aus.

 

Mit dem Auslaufen der jetzigen Corona-Verordnung zum 14. Februar fordert der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Thomas Möller, von der Landesregierung außerdem ein konkretes Wiedereröffnungskonzept für die 13 Ausbildungszentren der Verbände der Bauwirtschaft in Baden-Württemberg - so wie bei Schulen und Hochschulen. „Es kann nicht sein, dass über 5.000 Baulehrlinge, die derzeit ihre überbetriebliche Ausbildung bei uns machen, nicht wissen wie es weiter geht. In anderen Bundesländern wie Niedersachsen, NRW, Hessen oder sogar Thüringen, die teils deutlich höhere Inzidenzzahlen aufweisen, wurden die Ausbildungszentren überhaupt nicht geschlossen. Bei uns dagegen laufen sie laut Corona-Verordnung unter 'sonstige Veranstaltung‘ und dürften damit quasi als Letzte ihren Betrieb wieder aufnehmen. Wir appellieren an die Politik, dies umgehend zu ändern und einen echten Öffnungsplan vorzulegen.“

Zurück zur Übersicht
Wohnungsbau wird auch 2021 zum Konjunkturmotor in der Krise