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Pressemeldungen

Bauwirtschaft meldet Rekordniveau bei Umsatz und Auftragseingang

Fachkräftemangel: Bauingenieurlücke wird zum Problem

Stuttgart. Die Bauwirtschaft im Land ist weiter auf Wachstumskurs und erzielte im ersten Halbjahr 2017 einen neuen Umsatzrekord. Verglichen zum Vorjahr konnten die Bauunternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten ihre Umsätze um 13,4 % auf 4,7 Mrd. Euro steigern. Dies ist der höchste Halbjahreswert seit mehr als 20 Jahren. Deutschlandweit wurde ein Umsatzplus von 10,2 % erreicht. Auch die Auftragseingänge kletterten auf Rekordniveau. Bis Ende Juni stiegen sie im baden-württembergischen Bauhauptgewerbe um 5,2 % auf 4,9 Mrd. Euro. Entsprechend optimistisch blickt der Präsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, Bernhard Sänger, auf die zweite Jahreshälfte: „Die meisten unserer Betriebe haben volle Auftragsbücher und beurteilen ihre Geschäftslage auch für die kommenden sechs Monate positiv.“ Bis Jahresende rechnet die Baubranche im Land für 2017 mit einem Umsatzplus von 6,5 bis 7 % und einem Umsatzvolumen von rund 15,6 Mrd. Euro. Diese Hochrechnungen beziehen sich auf sämtliche Baufirmen, auch auf die mit weniger als 20 Mitarbeitern.

Den stärksten Umsatzzuwachs im letzten Halbjahr erzielte mit + 16,3 % der Wohnungsbau. Die Bausparte profitierte von den nach wie vor niedrigen Zinsen, einer weiterhin guten Arbeitsmarktlage sowie den Wanderungsbewegungen in die Ballungszentren im Südwesten. Rückläufig war hingegen mit - 8,6 % die Zahl der Wohnbaugenehmigungen. Dies sei aber keineswegs eine Trendwende auf dem Wohnungsmarkt, so Sänger, sondern in erster Linie auf einen Basiseffekt zurückzuführen, da die Baugenehmigungen aufgrund eines Vorzieheffektes durch die verschärfte Energieeinsparverordnung in den ersten sechs Monaten 2016 sprunghaft nach oben geschnellt sind. Auf Wachstumskurs ist nach wie vor der Wirtschaftsbau. Hier stieg der Umsatz in der ersten Jahreshälfte 2017 um 12,9 %. Auch der Öffentliche Bau entwickelte sich mit + 12,1 % überaus positiv. Die Bauwirtschaft führt dies unter anderem auf den so genannten „Investitionshochlauf“ des Bundes zurück, von dem auch der Verkehrswegebau in Baden-Württemberg profitiert. Außerdem scheint der „Kommunalinvestitions-förderungsfond“ bei den Baufirmen für zusätzliche Aufträge zu sorgen. Erfreulich ist zudem der stetige Beschäftigsaufbau in der hiesigen Baubranche, der bereits seit sieben Jahren anhält. Im ersten Halbjahr 2017 gab es hier einen Zuwachs um 7,5 %.

Dennoch stellt der große Fachkräftebedarf laut aktueller Umfrage für 86 % der Bauunternehmen derzeit das größte Problem in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung dar. Manch ein Bauherr muss deshalb länger auf die Realisation seines Bauvorhabens warten als üblich. Über die Integration arbeitsloser Baufacharbeiter und die Beschäftigung von Personen aus dem europäischen Ausland versucht die Branche, diese Lücken zu schließen. Baupräsident Bernhard Sänger sieht hierin aber nur eine kurzfristige Lösung: „Wir werden den steigenden Fachkräftebedarf trotz stabiler Ausbildungszahlen und einer gewissen Zuwanderung mittelfristig nicht decken können. Problematisch ist angesichts der guten Baukonjunktur und der großen Bauvorhaben insbesondere der eklatante Mangel an Bauingenieuren. Sie fehlen nicht nur in unseren Bauunternehmen, sondern auch in Planungsbüros und in der Bauverwaltung.“ Sänger befürchtet, dass ohne ausreichende Bau- und Planungsexperten etliche Projekte nicht zeitnah realisiert werden können.

Der Bauverband weist darauf hin, dass der jährliche Bedarf an ausgebildeten Bauingenieuren in Baden-Württemberg bei ca. 2.600 liegt. Davon benötigt die Bauwirtschaft rund 1.500 Absolventen, die Planungsbüros sowie die öffentliche Verwaltung ca. 1.100 Absolventen. Tatsächlich aber gibt es nur etwa 1.200 Studienplätze im Bauingenieurwesen an den Hochschulen und Universitäten des Landes. Ein weiteres Problem ist die hohe Abbrecherquote, die in diesen Studiengängen bei fast 50 % liegt. So erreichen nur ca. 650 Absolventen nach 7 bis 9 Semestern ihren 1. akademischen Abschluss. „Die meisten Studierenden scheitern an der höheren Mathematik“, erklärt Bernhard Sänger, selbst gelernter Bauingenieur. „Man sollte das Prüfungsniveau aber nicht einfach absenken, denn die hohen technischen Anforderungen von modernen Bauwerken bedingen auch hohe Standards in der Ausbildung.“ Angesichts der gewaltigen Bauaufgaben, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden müssen, betont Sänger die außerordentlich guten Berufsperspektiven für junge Bauingenieure.

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